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30.08.2024

Die Magie der Spiele

Wie viel Olympia wollen wir künftig?

Von Frank Schneller (in Auszügen)

Von Frank Schneller (in Auszügen)

Au revoir! Die Spiele in Paris sind Geschichte. Eine in weiten Teilen schöne Geschichte. Die Magie des Sports kann sich noch immer entfalten. Dabei war und ist nicht viel Raum für Unbeschwertheit in Zeiten wie diesen.

Eine deutsche Bewerbung? Nur, wenn sie ernst gemeint ist und richtig angepackt wird. Ein gedanklicher Streifzug durch die vielen Aspekte Olympias.


Voilà: Das waren überwiegend unterhaltsame, schöne Spiele. So heiter Olympische Spiele sein können im Kontext von Krisen, Bedrohungen, gespaltenen Gesellschaften und Kriegen.
Bei aller Geschäftemacherei, bei allem, womit man das IOC (zurecht) assoziiert, bei aller Bigotterie rund ums Thema Doping oder im Umgang mit der Gender-Diskussion – der Sport hat einmal mehr bewiesen, dass er durchaus Kraft hat. Noch immer. Dass er Menschen verbinden kann. Noch mehr Miteinander im Gegeneinander.


Paris hat es einmal mehr verdeutlicht: Der olympische Gedanke ist lebendig und wertvoll.


Dass Deutschland plötz-lich doch wieder Olympische Spiele ausrichten will, hat im Zuge der Paris-Euphorie Bundesinnenministerin Nancy Faeser nun also kundgetan. Ihre Delegation indes blieb in allem vage. Wann? 2036 oder 2040? Wo? Berlin, Hamburg, München, Leipzig? NRW? Und wie? Wird die Bevölkerung eingebunden in den Entscheid?


Wie ernst ist es der Politik mit Olympia? Mit dem Sport?
Bei aller kurzfristigen Freude über die vom Sport lang ersehnten Signale aus der Politik muss man erst einmal sehen. Hat er Substanz? Es bleibt abzuwarten, was aus der Grundsatzvereinbarung wird. Vor allem, wenn es um die Verträge mit dem IOC geht, sei einem deutschen Bewerbungsteam dringend dazu geraten, nicht von vornherein Freifahrt-scheine auszustellen. Zu sehr diktiert die Riege aus Lausanne, wie das abzulaufen hat mit Sponsoren, Steuern. Das wird sich auch nach dem Abschied von IOC-Präsident Bach unter der Ägide seines Nachfolgers nicht ändern.
Olympische Spiele in Deutschland? Wäre super. Wunderbar. Und so wichtig. Um jeden Preis? Nein. Man muss es richtig anpacken, schon zu oft fühlte sich die Bevölkerung nicht genug informiert von den angeblichen ‚Machern‘ in Politik und Sport.

Welcher Spirit soll sich in Sportdeutschland durchsetzen?
Transparenz ist unabdingbar. Zu schlecht sind die großen Weltverbände wie IOC und FIFA oder auch UEFA gelitten bei den Menschen. Zu groß ist die Gefahr falscher Vorstellungen. Deutschland kann große Events, heißt es immer. Aber Olympia ist eine eigene Dimension. Das ist keine Handball-EM, nicht mal die Fußball-EM hat annähernd olympische Ausmaße.
Spannend ist die Debatte um eine weitere Bewerbung nicht zuletzt auch deshalb, weil sich unsere Gesellschaft im Zuge dessen zudem mit den Themen Leistung, Leistungsgedanke, Leistungssport, und dessen Förderung auseinandersetzen müsste. Sich gerade machen müsste. Und eine gesunde Haltung zur Frage einnehmen müsste, wie ‚Erfolg‘ denn nun definiert werden soll.
Wie oft – und das mag als Hinweis auf die Hintergründe unerfüllter Medaillenquoten durchaus herhalten – hieß es, deutsche Athletinnen und Athleten hätten nicht Gold verloren, sondern Silber gewonnen. Also, grämt Euch nicht. Ist das der neue Sound? Der neue Spirit? Wohlgemerkt: in einem Finale stehend. Team gegen Team. Athletin gegen Athletin. Athlet gegen Athlet. Diese ‚Alles-nicht-so-wichtig‘-Haltung, mag man begrüßen, wenn man der Meinung ist, es herrsche zu viel Leistungsdruck. Man kann sie aber auch hinterfragen, weil man die Auffassung vertritt, der neuen deutschen Wurstigkeit sollte endlich einmal entgegenwirkt werden. Sonst machen die Diskussionen um Sportförderung und Medaillenquoten wenig Sinn.
Also: Lasst bitte die Aktiven ihre Enttäuschung nach einem verlorenen Endspiel oder Endkampf er- und ausleben. Wer ein Finale mit mehreren Startern erreicht, über 100m beispielsweise, sei es auf der Bahn oder im Becken, der kann Silber gewinnen. Wer aber ein Finale in Form eines Duells zwischen zwei Parteien erreicht, hat schon Silber. Wer es dann verliert, gewinnt nicht Silber. Sondern verliert zunächst einmal Gold. Und so fühlt es sich eben auch an. Darüber kann und muss man sich in den Momenten danach erst mal nicht freuen. Der Stolz kommt gewiss später. Der spontane Frust aber hat auch seine Berechtigung. Er ist wichtig. Wer keinen (Leistungs-)Sport betrieben hat oder betreibt, kann das womöglich nicht nachempfinden.


Spitzensport, Olympia – Lippenbekenntnisse reichen nicht


Andererseits sind doch alle Aktiven, die bei Olympia ihre persönlich beste Leistung abrufen – ohne unerlaubte Hilfsmittel – große Gewinner. Sie sind wahre Champions, unabhängig von der Platzierung oder einer Medaille. Ihnen gebührt größte Hochachtung. Sie sind Vorbilder, auch für die Lebenslagen abseits von Sportstätten.
Sport ist mitunter ein Spiegelbild unserer Gesellschaft. Sport bleibt wichtig. Breitensport sowieso. Aber auch der Spitzensport. Die Spiele von Paris haben es uns vorgeführt: Auch wenn man ihn nicht über Gebühr politisieren darf – er ist ohnehin politisch, zwangsläufig sogar –, sollte sich ihm die Politik hierzulande wieder deutlich mehr zuwen-den. Ein paar Besuche des Kanzlers in Paris reichen dafür nicht aus. Und auch nicht der Reflex, was in Paris so toll war, wolle man nun doch auch selbst haben. Ein Letter of Intent ist nur ein Anfang. Mehr nicht. Echte Bekenntnisse sind entscheidend. Noch sind wir Zaungast, wenn’s um die Spiele geht.

In diesem Sinne:
Au revoir, Paris. Hello, Los Angeles. Mögen die USA in vier Jahren noch eine Demokratie sein, wenn dort die Spiele stattfinden – und die Welt eine bessere als sie es gerade ist.



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